Bodenfruchtbarkeit: Humus ist nicht alles, aber..
Ein intakter Boden bewältigt verschiedentliche Aufgaben:
- Er beinhaltet eine vielfältige Flora und Fauna.
- Er hält Schadstoffe fest und baut diese ab.
- Er schützt Nährstoffe vor Auswaschung oder Ausgasung.
- Er ist ein großer CO2-Speicher.
- Er baut pflanzlische und tierische Rückstände ab und schließt Kreisläufe.
- Er bleibt im Gleichgewicht und verdaut, d.h. minimiert Krankheitserreger.
- Er liefert in weiterer Folge Erträge, die seinem Standort entsprechen.
Der Boden ist eines der komplexesten System der Welt. Die Bodenfruchtbarkeit hängt vom Zusammenspiel aller Ab-, Um-, Aufbauprozesse sowie den physikaltischen, chemischen und biologischen Eigenschaften des Boden ab. Diese wechselwirken miteinander. Der Boden ist ein lebender Organismus. Die Bodenfruchtbarkeit hängt natürlich von den Bodennährstoffen wie Stickstoff, Kalium, Phosphor ab. Doch die Fokussierung alleine auf das Nährstoffangebot wäre zu kurzsichtig.
Betrachtet man also den Boden, setzt er sich aus anorganischen Bestandteilen, aus organischen Bestandteilen, Wasser und Luft zusammen. Organische Bestandteile sind beispielsweise lebende oder abgestorbene Tier- und Pflanzenmasse. Der anorganische Teil umfasst hauptsächlich das Gestein und Minerale und ist nur sehr langsam bis gar nicht veränderbar. Umso mehr Augenmerk muss man daher auf den organischen Teil des Bodens richten. Dieser Teil nimmt zwar nur 10 % der gesamten festen Bodensubstanz ein, ist aber umso bedeutender für die Bodenfruchtbarkeit. Das Um und Auf ist dabei der Humus.
Was ist Humus?
Als Humus wird die Gesamtheit der abgestorbenen organischen Substanz im Boden bezeichnet. Humus ist ein komplexes Gemisch von organischen Stoffen aus pflanzlicher, tierischer und mikrobieller Herkunft. Da gehört also ein verrotendes Laubblatt ebenso dazu, wie ein toter Regenwurm.
Das Gemisch unterliegt ständigen Umbauprozessen. Die Humusvorräte im Boden sind keinesfalls konstant. Der größte Anteil der Humusvorräte im Boden ist Dauerhumus, der langfristig im Rahmen der Bodenbildung entstanden ist. Dauerhumus ist durch Verweilzeiten von hunderten bis tausenden Jahren gekennzeichnet. Er kann durch Bodenbearbeitung nur geringfügig beeinflusst werden.
Demgegenüber steht der sogenannte Nährhumus, der ca. 20-50% der Humusstoffe im Boden umfasst. Nach Zerkleinerung und Einarbeitung von organischen Substanzen in den Boden werden leicht abbaubare Bestandteile meistens schon innerhalb weniger von den Bodenlebewesen als Nahrungsquelle genutzt. Übrig bleibt Kohlendioxid im Boden.
Schwerer abbaubare organische Substanzen reichern sich im Boden zunächst an, da sie nur verzögert abgebaut werden. Vorallem Substanzen mit hohem Ligningehalt. Besonders verholzte Pflanzen haben einen hohen Ligninanteil, der bis zu 30% der Trockenmasse betragen kann. Lignine sind wesentlich für die Festigkeit von Pflanzen. In Bäumen ist der Gehalt entsprechend hoch. Aber auch sie unterliegen einem vollständigen Abbau. Der bis zu einigen Jahrzehnten dauern kann. Die abgebaute organische Substanz wird als Wasser und Kohlendioxid in den Boden und an die Luft abgegeben. Von den in den organischen Substanzen gespeicherten Nährstoffen erfolgt schon nach verhältnismßig kurzer Zeit (im ersten Jahr) eine weitgehende Freisetzung der Elemente Kalium, Natrium, Mangan und Calcium. Mit der Zeit werden auch die organisch gebundenen Grundnährstoffe Stickstoff, Phospor und Schwefel mineralisiert.
Als Mineralisierung wird grundsätlzich die Freisetzung der organisch gebundenen chemischen Elemente und Umwandlung in anorganische Verbindungen bezeichnet. Erst dadurch können sie von den Pflanzen aufgenommen werden und tragen damit zum Erhalt bzw. Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit bei. In Gewässern braucht es ausreichend Mikroorganismen (Bakterien), die zur Mineralisierung fähig sind, um organische Substanzen abzubauen. Durch direkte Beteiligung von Bodenlebewesen entstehen Verbindungen zwischen den verschiedenen Abbauprodukten der organischen Substanzen und den mineralischen Bestandteilen des Bodens. Diese Verbindungen werden als Ton-Humus-Komplexe bezeichnet. Durch diese Verbindungen werden stabile Bodenkrümel aufgebaut, die den Boden gegenüber Erosion und Verschlämmung stabilisieren. Zusätzlich wird das Porenvolumen erhöht, wodurch günstige Voraussetzungen für den Luft- und Wasserhaushalt geschaffen werden.
Humus ist das „schwarze Gold der Bodenfruchtbarkeit“. Dieser steht in einem sehr engen Verhältnis zum Bodenleben, da er von diesem immer wieder auf-, um- und auch abgebaut wird. Die Entstehung und Stabilität von Humus ergibt sich aus dem Zusammenwirken von Pflanzenresten und den Eigenschaften des Mineralbodens. Humusaufbau funktioniert nur auf einem bewachsenen Boden mit aktivem Bodenleben.
Aufgaben von Humus
Die Aufgaben von Humus sind vielfältig. Durch den langsamen mikrobiellen Abbau werden Nährstoffe aus Humus in pflanzenverfügbare Nährstoffe umgewandelt. Humus bildet die Grundlage einer guten Bodenstruktur. Er verbindet sich mit Mineralteilchen zu Ton-Humus-Komplexen. Dadurch entsteht ein stabiles Krümelgefüge, das für eine gute Bodengare unverzichtbar ist. Der Wasser- und Lufthaushalt im Boden und die Durchwurzelbarkeit werden positiv beeinflusst. Wasser wird besser aufgenommen, pflanzenverfügbar gespeichert und es nimmt die Verschlämmungsgefahr ab.
Humus ist ein guter Ionenaustauscher. Das bedeutet, dass er Kationen (Kalzium, Magnesium, Kalium) und Anionen (Sulfat, Nitrat) an seiner Oberfläche bindet, vor Auswaschung schützt, aber der Pflanze als Nährstoffe zur Verfügung stellt. Vor allem auf sandigen, wasserdurchlässigen Standorten ist diese Eigenschaft von großer Bedeutung.
Je humusreicher ein Boden ist, desto besser ist seine Eigenschaft, den pH-Wert im neutralen Bereich zu halten. Das bedeutet, es kommt zu weniger starken pH-Wert-Schwankungen.
Humus kann Wasser aufnehmen, speichern und der Pflanze zur Verfügung stellen. Ein wichtiger Punkt im Hinblick auf den Klimawandel. Der Auf- und Abbau von Humus im Boden hängt mit der Temperatur zusammen. Dadurch ergeben sich im Hinblick auf den Klimawandel neue Herausforderungen. Durch die steigenden Temperaturen ist Humus einer höheren Mineralisierung ausgesetzt. Das bedeutet einen höheren Abbau. Der Humuserhalt wird angesichts des Klimawandels noch wichtiger. Ohne ihn lässt sich die Bodenfruchtbarkeit in Zukunft nicht sichern.
Die Bodenflora
Meist denkt man im Zusammenhang mit Pflanzen im Boden an Wurzeln. Diese Pflanzenwurzeln machen insgesamt aber nur 10 % der gesamten organischen Masse im Boden aus. Über diese nimmt die Pflanze Wasser und Nährstoffe auf, und sie sorgen für Halt. Neben diesen Aufgaben bieten die Pflanzenwurzeln auch Lebensraum für Mikroorganismen (z.B. Knöllchenbakterien, Mykorrhiza). Wurzeln lockern den Boden und tragen zu einem guten Krümelgefüge und zur Stabilität dieser bei. Ein wesentlicher Teil der Bodenflora darf aber nicht vergessen werden: Bakterien, Pilze, Algen, Flechten. Diese Mikroorganismen sind unter 0,2 mm groß. Trotz der geringen Größe sind sie in hohem Maß an allen Zersetzungs-, Mineralisations- und Humifizierungsprozessen beteiligt. Im Hinblick auf die Bodenfruchtbarkeit sind gerade die kleinsten Lebewesen am wichtigsten.
Die Bodenfauna
Boden ist ein wichtiger Lebensraum verschiedener Tierarten. Die Bodenfauna wird je nach Größe eingeteilt, in Makrofauna (z.B. Regenwürmer), Mesofauna (z.B. Käfer, Asseln) und Mikrofauna (z.B. Nematoden).
Vor allem im Hinblick auf die Bodenfruchtbarkeit ist der wichtigste und bekannteste Vertreter der Regenwurm. Seine Tätigkeit entspricht im groben allen Funktionen der Bodentiere. Durch die Nahrungsaufnahme werden organische Stoffe aufgenommen. Bei der Verdauung wird die Nahrung und auch Schaderreger abgebaut und stabile Krümel (Wurmlosung) gebildet. Durch die grabende Tätigkeit werden neue Poren gebildet. Dadurch wird der Luft- und Wasserhaushalt im Boden verbessert und der durchwurzelbare Raum vergrößert.
Mineraldünger und intensive Bodenbearbeitung
Längerfristiger Einsatz von Mineraldünger (Kunstsdünger) und intensive Bodenbearbeitung schädigen nachhaltig den Boden und dessen Biologie. Der Boden wird immer mehr verdichtet. Nährstoffe werden rasch ausgewaschen, oftmals in das Grundwasser. Humus wird rapide abgebaut. Die Zahl an Bodenlebewesen nimmt ab.
Organische Dünger funktionieren nur, wenn ausreichend Mikroorganismen zum Abbau und Umwandlung der organischen Substanzen vorhanden sind. Erst diese Mikroorganismen bringen die enthaltenen Nährstoffe in jene Form, wie sie Pflanzen brauchen, um sie tatsächlich aufnehmen zu können (Mineralisierung).
Tatsächlich ist ein lebender Boden aber noch viel wichtiger, als ausschließlich für die Mineralisierung der Pflanzennährstoffe zu sorgen. Nur auf die Makronährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium (N-P-K) zu achten, ohne die Organismen im Boden im Blick zu haben, ist viel zu kruz gegriffen.
Ein gesunder funktionierender Boden ist ein Selbstläufer mit geringstem Pflegeaufwand. Das gilt für die Landwirtschaft genauso wie für den Garten oder das Hochbeet. Tut sich in einem Boden biologisch nicht viel, müssen die Pflanzen mit Mineraldüngern künstlich am Leben und Wachsen gehalten werden. Pflanzen müssen mit chemischen Mitteln vor Schädlingen und Krankheiten geschützt werden, weil diese das selber nicht mehr können, usw..