Die Grundtechniken
Obstbäume kann man auch selber veredeln. Man braucht nur etwas Übung. Es ist ein Handwerk.
Über die geeignete Unterlage berichte ich in einem anderen Beitrag.
Das Veredelungsmesser
Das Veredelungsmesser darf nur einseitig geschliffen sein und sollte eine gerade Klinge aufweisen. Gebogene Rosenmesser, Hippen o.dgl. sind für die Obstbaumveredelung nicht geeignet!Links- und Rechtshänder unterschiedliche Ausführungen. Eine gute Schärfe ist wichtig.
Schleifen des Veredelungsmessers
Schleifstein anfeuchten. Messer durch ziehende Bewegungen schleifen. Winkel flach, angepasst an die Schneide. Achtung: Immer nur einseitig schleifen; nie die ungeschliffene Seite anschleifen! Ansonsten verliert das Messer unwiederbringlich an Schärfe.
Kopulation
Der sogenannte Kopulatonsschnitt erfolgt am Edelreiser entgegen der Wuchsrichtung; er wird entlang der Rückseite zu einer Knospe (Auge) durchgeführt; in einem flachen Winkel, mit einer Schnittlänge von ca. 4-6 x Durchmesser des Reisers an der Veredelungsstelle. Ziel ist es, eine große Verbindungsfläche zwischen Reiser und Unterlage zu schaffen. Wird auch als Universalschnitt bezeichnet, da er bei zahlreichen Veredelungstechniken Anwendungen findet. Es soll ein möglichst glatter Schnitt erzielt werden, um für einen bestmöglichen Kontakt zwischen Reiser und Unterlage zu sorgen. An der Unterlage erfolgt der Schnitt als passendes Gegenstück in Wuchsrichtung; ein Schnitt ebenfalls gegenüberliegend zu einer Knospe ist von Vorteil. Dies fördert den Saftstrom zur Wundversorgung der Veredelungsstelle. Bei Bedarf wird die Unterlage vor dem Schnitt gesäubert.

Reiser und Unterlage sollten an der Veredelungsstelle annähernd gleichen Durchmesser haben. Die Unterlage darf auch etwas stärker sein; das Reiser keinesfalls! Das Reiser wird eingekürzt, sodass etwa 2-3 Knospen am Reiser verbleiben. Knapp oberhalb der letzten verbleibenden Knospe anschneiden; keinen Stummel überlassen! Reiser und Unterlage werden derart aufeinandergelegt, dass die Kambialflächen bestmöglich aufeinander zu liegen kommen; mindestens 60% Überdeckung (bezogen auf die Gesamtfläche des Kambiums)! Im Anschluss wird die Veredelungsstelle mittels Gummiband fest verbunden. Die Knospe des Edelreisers bleibt frei. Die Verwendung eines sogenannten Buddy-Tapes ist eine gute Alternative. Es wirkt adhäsiv und braucht nicht verknotet werden. Gleichzeitig schützt es vor Feuchtigkeitsaus- bzw. eintritt. Die Knospe des Edelreises braucht nicht freizubleiben. Im Idealfall sollte man an der Seite der Veredelungsstelle keine freie Kambialfläche sehen.

Anschäften
Kommt zur Anwendung, wenn die Unterlage an der Veredelungsstelle etwas stärker ist, sodass die herkömmliche Kopulation nicht mehr geeignet ist. Edelreiser wird wie bei Kopulation vorbereitet. An der Unterlage wird der Kopulationsschnitt seitlich gemacht, sodass die Veredelungsstelle zum Rand hin versetzt wird. Der Schnitt an der Unterlage wird wieder an den Schnitt am Edelreiser angepasst. Ist ein vollständiges Überlappen nicht möglich, so ist wichtig, dass die Kambialflächen von Unterlage und Edelreiser zumindest an einer Seite übereinander zu liegen kommen. Verbinden wie zuvor.
Geißfußveredelung/Geißfußpfropfen
Ist gegenüber Anschäften zu bevorzugen, wenn die Unterlage an der Veredelungsstelle wesentlich stärker ist. Die Geißfußveredelung ist auch für schmale Reiser gut geeignet. Unterlage wird gerade abgeschnitten und seitlich ein spitz zulaufender Keil herausgeschnitten. Zwecks Orientierung kann vorab mittig eingeschnitten werden und anschließend links und rechts davon in einem spitzen Winkel ein Keil eingeschnitten werden. Es ist vorteilhaft die Unterlage abhängig von der Hauptwetterrichtung schräg abzuschneiden (von Hauptwetterrichtung her abfallend), damit Niederschlagswasser nicht an der Schnittfläche stehen bleiben kann. Das Edelreiser wird mit zwei Kopulationsschnitten passend zugeschnitten (ebenfalls keilförmig; in einem Winkel von ca. 45°). Das Edelreiser wird in den Keil der Unterlage geschoben. Der Keil des Edelreisers sollte etwas breiter sein, damit die Verbindung nicht zu „leichtgängig“ hergestellt werden kann. Alleine schon die Pressverbindung soll für einen guten Halt sorgen. Beim Verbinden ist besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass keine Feuchtigkeit in den Spalt an der Veredelungsstelle eindringen kann. Bei Bedarf ist die Veredelungsstelle mit Baumwachs zu verschmieren. Alternativ kann ein Buddy-Tape eingesetzt werden.



Spaltpfropfen
Historische Veredelungstechnik; bereits bei den Römern bekannt. In die Unterlage wird durch pendelartige Bewegungen ein Spalt geschnitten (Alternative: Einsatz eines Stemmeisens). Aufgrund des erforderlichen Kraftaufwandes etwas „gefährlich“. Reiser wird beidseitig zugeschnitten und zumindest einseitig in den Spalt in der Unterlage eingepasst (zumindest einseitiger Kambialkontakt!). Stärkere Reiser sind besser geeignet. Verbinden wie zuvor.
Chip Budding
Einfache Veredelungsmethode aber mit guten Erfolgen. Aus dem Edelreiser wird ein „Schild“ mit einer Knospe darauf herausgeschnitten und auf der Unterlage eingesetzt (Auf Wuchsrichtung achten!). Das Schild des Reisers ist ausreichend tief zu schneiden, sodass auch ein Stück Holz enthalten ist. Auf der Unterlage wird dazu ein passendes Gegenstück entnommen; wobei am unteren Ende im 45° Winkel eine Einkerbung in die Unterlage geschnitten wird. Die Einkerbung dient dem eingesetzten Schild als Fixierung gegen Verrutschen nach unten hin.
Es gilt wiederum, möglichst viel übereinanderliegende Kambialfläche auf Reiser und Unterlage zusammenzubekommen. Chip Budding kann die gesamte Vegetationsperiode hindurch angewandt werden. Ende Winter/Anfang Frühjahr erfolgt die Veredelung auf ein treibendes Auge; im Sommer auf schlafendes Auge. In der Winter-/Frühjahrsveredelung wird die Unterlage oberhalb der Veredelungsstelle zurückgeschnitten. Im Sommer nicht.
Chip Budding kann grundsätzlich bei allen Obstarten eingesetzt werden; bei Zitrusfrüchten wird es explizit empfohlen. Beim Chip Budding ist kein Baumwachs erforderlich. Mit einem sogenannten Buddy-Tape kann die Veredelungsstelle bestens versorgt werden. Wichtig ist, dass das Veredelungschip nicht in den Schmutz fällt. Ansonsten ist es nicht mehr zu gebrauchen. Beim Veredeln sollte grundsätzlich auf sauberes und sorgfältiges Arbeiten geachtet werden!
(Verbessertes) Rindenpfropfen
Voraussetzung für die Anwendbarkeit: Rinde an der Unterlage lässt sich lösen; ist erst ab Ende Frühjahr der Fall. Unterlage wird mit Säge gerade abgeschnitten. Am Edelreiser wird ein herkömmlicher Kopulationsschnitt vorgenommen; im Anschluss folgt ein Schnitt entlang einer Seite. Auf der Vorderseite wird das Reiser am unteren Ende angespitzt, um ebenfalls Kambium freizulegen. Die Rinde an der Unterlage wird an der vorgesehenen Veredelungsstelle senkrecht eingeschnitten, bis man am Holz anstößt. Die Rinde wird im Anschluss an einer Seite angehoben und das Reiser eingeschoben. Die am Reiser angeschnittene Seite stößt an der Seite an der Rinde an, die nicht vom Holz abgehoben wurde. Die Schnittflächen werden mit Baumwachs verstrichen. Alternativ ist ein Verkleben mit Kreppband oder Buddy-Tape möglich.


Dickrindenpfropfen
Veredelungstechnik wird bei starken Unterlagen mit dicker Rinde angewandt. Im Unterschied zum zuvor beschriebenen Rindenpropfen wird nun an beiden Seiten des Edelreisers ein schmaler Schnitt durchgeführt und das Kambium freigelegt. Das Edelreiser bekommt so am unteren Ende eine Keilform. Die Unterlage wird glatt abgesägt und die Rinde an der vorgesehenen Veredelungsstelle zweimal senkrecht an der Seite in der Breite des Reisers bis zum Holz eingeschnitten und das Rindenstück dazwischen vom Holz gelöst. Wie zuvor beim Rindenpropfen ist es wichtig, die Rinde tatsächlich bis zum Holz einzuschneiden. Sonst kommt man nicht zum Kambium und die Veredelung wächst nicht an! Im Anschluss wird das Reiser von oben in die Veredelungsstelle eingeschlagen und das abstehende Rindenstück herausgeschnitten. Am unteren Ende verbleibt ein Stück der Rinde, um das Reiser zu überlappen und ihm zusätzlichen Halt zu geben. Sämtliche Schnittflächen werden mit Baumwachs verstrichen. Bei stärkeren Unterlagen können mehrere Reiser eingesetzt werden: 1 Edelreiser je ca. 6cm Umfang.


